Am 13. Juli startet Josefine Rutkowski ein Vorhaben, das kaum zu fassen ist: 60 Ironman-Distanzen in 60 Tagen – das wäre doppelt so viel wie der bisherige Weltrekord für Frauen. Unter dem Titel „Project 60“ stellt Josefine sich einer Herausforderung, die Disziplin, Ausdauer und Teamgeist auf ein völlig neues Level hebt – und weit über das hinausgeht, was man aus dem klassischen Wettkampfsport kennt.
Ein Perspektivwechsel: Vom Wettkampf zur Wiederholung
Früher zählte für Josefine vor allem eins: die Zeit. Doch bei „Project 60“ steht etwas anderes im Vordergrund – Wiederholbarkeit statt Bestzeit. Ihr Ziel ist nicht, den Ironman möglichst schnell zu absolvieren, sondern Tag für Tag verlässlich ins Ziel zu kommen. „Ich möchte wie ein Zug sein“, sagt sie – verlässlich, ruhig, konstant, jeden Tag im selben Rhythmus.
Diese Denkweise spiegelt sich auch in ihrer Vorbereitung wider. Statt einem starren Trainingsplan folgt Josefine inzwischen ihrem Gefühl. Jeden Morgen entscheidet sie neu, was ihr Körper braucht. Mal ist das ein kurzer, regenerativer Tag – mal eine lange Fahrt auf dem Rad. Wichtig ist nicht, möglichst viel zu schaffen, sondern über Wochen hinweg stabil zu bleiben.
„Ich arbeite mit einem Mental Coach zusammen, und wir sprechen viel darüber, wie ich mein Mindset vom klassischen Wettkampfmodus hin zu mehr Leichtigkeit und Abenteuer verschiebe. Mein Ziel ist es, morgens aufzuwachen und die Welt mit den Augen eines Kindes zu sehen. Rausgehen und einfach spielen.“
Tägliche Belastbarkeit aufbauen
Um auf die täglichen zwölf bis dreizehn Stunden Bewegung während ihres „Project 60“ vorbereitet zu sein, trainiert Josefine derzeit konsequent zwischen fünf und sieben Stunden am Tag. Ihre Trainingseinheiten sind klar aufgeteilt: morgens schwimmen, danach eine längere Radeinheit, und abends entweder ein Lauf- oder Krafttraining und Mobilitätsübungen.
Ihr Trainingstag beginnt um 7:30 Uhr im Wasser – eine feste Routine, so selbstverständlich wie Zähneputzen. Danach folgt die Radstrecke, meist auf einer flachen Rundstrecke, die der Route im eigentlichen Projekt sehr ähnlich ist. Am Nachmittag geht sie das Lauftraining bewusst locker an, um sich bereits im Training an das geplante Projekttempo von etwa 5:00 bis 5:30 Minuten pro Kilometer zu gewöhnen.
Eine Beispielwoche aus Josefines Training
Josefines Alltag beinhaltet alle drei Disziplinen eines Ironman – Schwimmen, Radfahren, Laufen – ergänzt durch regelmäßiges Krafttraining. Trotzdem hört sie genau auf die Signale ihres Körpers und passt das Pensum flexibel an.
„Yoga und Meditation gehören für mich ebenfalls fest zum Tagesablauf“, erzählt sie. Diese Einheiten werden bewusst nicht aufgezeichnet – sie dienen nicht der Leistungsanalyse, sondern der mentalen und körperlichen Regeneration.
Hinter den Kulissen: So funktioniert Teamwork
Um 60 Ironmans in 60 Tagen zu schaffen, braucht es mehr als nur körperliche Fitness – es braucht ein starkes Team. Ihr enges Support-Team besteht aus:
- Ihrem Vater, der sich um Logistik und Transport kümmert
- Ihrer Stiefmutter, die als Mental Coach und Köchin unterstützt
- Jonas Deichmann, ihrem Freund und selbst Weltrekordhalter mit „Project 120“, der für Sicherheit sorgt
- Marcus, der sie auf dem Rad mit Nahrung versorgt und ihr Tempo mitsteuert
- Tobias, zuständig für Streckenplanung und tägliche Organisation
„Ich habe großartige Menschen um mich herum. Sie stehen hinter mir, finden immer die richtigen Worte – und genau deshalb kann ich mich auf gesunde Weise vorbereiten. Ich könnte das niemals allein schaffen. Wir brauchen einander, und jeder einzelne ist wichtig.“
Um unnötige Variablen zu vermeiden, wird das Team jeden einzelnen Tag dieselbe Strecke absolvieren. Die Ortswahl fiel auf Dudenhofen bei Speyer. Die komplette Route wurde bereits getestet – so lassen sich Überraschungen vermeiden und Abläufe effizient gestalten.
„Bei einem Projekt wie diesem ist es wichtig, dass möglichst wenig Neues dazu kommt. So kann ich den Fokus behalten. Und auch für mein Team ist es einfacher, wenn der Ablauf klar ist. Sie müssen schließlich auch auf sich selbst achten. Wenn sie wissen, wann ich ungefähr ankomme, wissen sie auch, wann sie kurz durchatmen können. Ich glaube, das macht es für alle einfacher.“
Herausforderungen frühzeitig erkennen
Josefine weiß: Selbst die beste Vorbereitung kann nicht alle Schwierigkeiten verhindern. Die größte Unbekannte bleibt für sie der Laufpart. Zwar hat sie sich in den letzten Monaten ein solides Laufpensum erarbeitet, dennoch ist das Laufen der Teil des Tages, bei dem Müdigkeit oder Verletzungen am ehesten auftreten könnten. Um dem vorzubeugen, hat sie in den letzten Wochen vor dem Start bewusst etwas weniger Lauftraining eingeplant.
Auch das Wetter ist ein nicht kalkulierbarer Faktor. Die Radstrecke ist zwar flach und bestens bekannt, aber Gegenwind könnte die tägliche Fahrzeit deutlich verlängern.
„Wenn der Wind gegen mich steht, brauche ich länger auf dem Rad – aber wenn er mir Rückenwind gibt, kann ich richtig schnell sein.“
Ein weiterer Aspekt, den sie in ihrer Planung berücksichtigt: ihr weiblicher Zyklus. Je nach Phase fühlt sie sich unterschiedlich leistungsfähig, was direkte Auswirkungen auf Tempo und Energielevel hat. An manchen Tagen wird sie ihre Belastung anpassen müssen, um im Gleichgewicht zu bleiben.
„Ich glaube, mein Zyklus wird eine große Rolle spielen. In bestimmten Phasen habe ich einfach weniger Energie. Und weil der Körper dann mehr Kraft benötigt, um zu funktionieren, muss ich an diesen Tagen auch mehr essen. Ich kann also nicht jeden Tag dieselbe Menge zu mir nehmen. Da ist viel Ehrlichkeit mir selbst und meinem Team gegenüber gefragt – das wird definitiv eine Herausforderung für mich.“
Die Daten sprechen für sich: Josefine ist bereit
Ihre Grundfitness war noch nie so hoch – laut COROS-Daten liegt sie aktuell über 99,96 % aller Nutzer:innen – und steigt weiter an. Während sie das Laufpensum in den letzten Wochen etwas reduziert hat, um einer vorzeitigen Ermüdung vorzubeugen, blieb die Belastung beim Schwimmen und Radfahren konstant hoch.
Langzeit-Fitnessdaten von Josefine
In der heißen Phase vor Projektbeginn standen für Josefine vor allem zwei Dinge im Fokus: Konsistenz und Selbstdisziplin. Sie hat ihren Tagesablauf perfektioniert und ihn bei Bedarf feinjustiert. Auch an guten Tagen, an denen mehr gegangen wäre, ist sie beim Plan geblieben – keine spontanen Belastungsspitzen. Ihr oberstes Ziel ist es, gesund und mental stark in jeden einzelnen Tag des Projekts zu starten. Jede Entscheidung der letzten Wochen war auf das große Ganze ausgerichtet.
„Am 13. Juli geht es los. Und ganz ehrlich – ich bin bereit.“