Richard Ringers Leistung im olympischen Marathon war außergewöhnlich. Mit einem beeindruckenden 12. Platz in der Gesamtwertung war er der beste Deutsche und der drittbeste Europäer – eine Leistung, die er selbst höher bewertet als seinen Europameistertitel 2022. Seine Zeit von 2:09:18 zählt zu den besten seiner Karriere, trotz der äußerst anspruchsvollen Strecke und der enorm starken Konkurrenz.

Die herausragende Leistung war kein Zufall, sondern das Ergebnis einer genau durchdachten Trainingssteuerung. Ringer passte sein Training gezielt an die speziellen Herausforderungen der olympischen Strecke an. Mit einem intensiven Fokus auf Berg- und Hitzetraining gestaltete er seine Vorbereitung strategisch und effizient.


Gezielte Vorbereitung

Richards Trainingsroutine ist äußerst vielseitig und detailliert geplant. Er läuft nicht nur 120-190 Kilometer pro Woche, sondern integriert regelmäßig Crosstraining in seinen Plan. Typischerweise absolviert er zwei Crosstrainings pro Woche, bei denen er sich auf Radfahren, Schwimmen, Ellipsentraining oder andere aerobe Übungen konzentriert. Zudem steht ein- bis zweimal wöchentlich Krafttraining auf seinem Programm.

Als Profisportler reist Richard viel, um für jede Phase seines Trainingszyklus die bestmöglichen Bedingungen vorzufinden. In den Monaten vor den Olympischen Spielen trainierte er nicht nur in Deutschland, sondern verbrachte auch Zeit in Kenia, der Schweiz und Italien, um sich optimal auf die bevorstehende Herausforderung in Paris vorzubereiten.


In Kenia trainierte Richard Ringer auf einer Höhe von ca. 2.400 Metern. Höhentraining ist unter Elite-Läufer:innen weit verbreitet, da es dem Körper hilft, Sauerstoff effizienter zu nutzen. Im Januar verbrachte er vier Wochen in Kenia, gefolgt von einem weiteren Aufenthalt in Iten, im April und Mai. Nach einer kurzen Rückkehr nach Deutschland setzte er seinen Höhentrainingszyklus im Juni in St. Moritz, Schweiz, auf 1.800 Metern fort.

Kurz vor den Olympischen Spielen wechselte Richard von der Höhe ins Flachland und verbrachte Zeit in Italien, um sich gezielt auf heiße Bedingungen vorzubereiten. Das Training in der Hitze war entscheidend, da die Temperaturen in den Höhenlagen deutlich milder waren. Da es sich um die Olympischen Sommerspiele handelte, musste er sicherstellen, dass er auch unter extremen Hitzebedingungen der Belastung standhält.


Höhen- und Bergtraining in Kenia

Die Olympische Marathonstrecke in Paris war in Bezug auf ihre beträchtlichen Bergauf- und Bergab-Passagen außergewöhnlich, und Richard nahm diese Herausforderung bei seiner Vorbereitung sehr ernst. „Bereits im Dezember, Februar und April habe ich mir die Strecke in Paris vor Ort genau angesehen, um zu wissen, was mich erwartet“, erklärte er. „Während meines zweiten Trainingslagers in Kenia in diesem Jahr habe ich mich intensiv auf das Training mit vielen Höhenmetern konzentriert und besonders anspruchsvolle Einheiten absolviert.“

Die Daten auf der COROS-Trainingsplattform bestätigen seinen Fokus auf das Höhentraining. In Kenia absolvierte Richard mehrere Intervallläufe mit vielen Höhenmetern, wobei er gezielt und mit vorgeplanten Trainingseinheiten auf seiner COROS PACE 3 sowohl das Bergauf-, als auch das Bergablaufen trainierte. Letzteres wird oft unterschätzt, da es eine besondere Belastung für die vordere Oberschenkelmuskulatur darstellt.



Dieses Training bestand aus 6 x 2 km mit kurzen Pausen - jeweils 1 km bergauf und 1 km bergab. Dieses gezielte Training erwies sich als ideal für Richard. „Ich spürte die starke Belastung in den Beinen vom Bergablaufen und wusste, dass ich genau das brauchte, um mich auf die Strecke in Paris vorzubereiten“, sagte er.


Lange Läufe in der Schweiz

In seinem Trainingslager in St. Moritz intensivierte Richard sein Bergtraining, da die Strecke in Paris Anstiege zwischen Kilometer 15 und Kilometer 20, sowie einem "Monsteranstieg" bei km 28-30 aufwartete. Um sich bestmöglich darauf einzustellen, legte er die erste Hälfte seiner langen Läufe auf flachem Terrain zurück, gefolgt von einem ausgedehnten Anstieg in der zweiten Hälfte.



Der Anstieg während dieses Laufs betrug etwa 140 Höhenmeter und ähnelte damit den 160 Höhenmetern auf der Marathonstrecke in Paris. Beide Strecken zeichneten sich durch lange, gleichmäßige Anstiege aus, bei denen der steilste Abschnitt kurz vor dem Gipfel lag. Diese Übereinstimmung machte dieses Gelände zu einer nahezu perfekten Simulation dessen, was Richard bei den Olympischen Spielen erwarten würde.


Hitzetraining in Italien

Nach seinem Aufenthalt in der Schweiz stand für Richard noch eine entscheidende Trainingsphase an: Training in der Hitze. „Das letzte wichtige Puzzleteil war die Vorbereitung auf hohe Temperaturen. Deshalb fuhren wir nach Viareggio in Italien, wo die Temperaturen um die 30 Grad lagen, um mich auf solche Bedingungen optimal einzustellen.“



Dieses Training bestand beispielsweise aus zwei 10-Kilometer-Läufen in einer etwas langsameren Pace als der  Marathontempo, unterbrochen von einer 1-Kilometer-Trabpause. Bei Hitze muss der Körper einen Teil seiner Energie für die Kühlung aufwenden, wodurch weniger Energie für die arbeitenden Muskeln zur Verfügung steht und die Herzfrequenz ansteigt. Indem Richard unter diesen Bedingungen trainierte, konnte er sich an die zusätzliche Belastung durch die Hitze gewöhnen und sein Körper lernte, einen höheren Anteil an Energie für das Laufen aufzuwenden.

Während des Hitzetrainings zeichnete der an Richards Schnürsenkel befestigte POD 2-Sensor Temperaturen zwischen 28 und 32 Grad Celsius an. Am Renntag selbst waren es sonnige 23 Grad, was für einen Marathon sehr warm ist.


Das Rennen: Race-Plan und Umsetzung

Richard Ringers Daten des zweiten Anstiegs in Paris


COROS-Tipp: Die gelbe Linie in diesen Diagrammen zeigt die Effort Pace an. Diese berücksichtigt Faktoren wie das Gelände und passt die Pace entsprechend den aktuellen Bedingungen an.


Ein großes Augenmerk entlang der Olympiastrecke war auf die beiden Anstiege zu legen. Der erste Anstieg erstreckte sich über eine Länge von insgesamt 6 Kilometern mit 160 Höhenmetern. Als Richard den höchsten Punkt erreichte, hatte er die Hälfte des Rennens hinter sich. In diesem Abschnitt teilte sich das Feld und Richard positionierte sich unter den ersten 20 Läufern. Danach folgte ein 7 Kilometer langer Abstieg, bevor die nächste spezielle Herausforderung wartete. Als besonders bemerkenswert sei hier seine Schrittlänge erwähnt: Beim Anstieg nahm er kürzere, schnellere Schritte von etwa 170 cm, um effizient den Berg hinaufzukommen. Beim Abstieg verlängerte er seine Schrittlänge auf über 200 cm, um die Fliehkraft optimal auszunutzen.

Der zweite große Anstieg war kürzer – "nur" 1,5 Kilometer lang mit 90 Höhenmetern – jedoch deutlich steiler als der erste. Entsprechend verringerte sich Richards Pace auf dem steilsten Abschnitt bergauf auf den niedrigsten Wert während des Rennens. Dennoch gelang es ihm, seine Anstrengungen effektiv zu dosieren. Während des Anstiegs erreichte seine Effort Pace (gemessene Anstrengung) den höchsten Wert des Rennens, während seine Herzfrequenz konstant blieb. Dies zeigt, dass sein Körper die erhöhte Intensität gut verkraftete.


Richard Ringers Daten des zweiten Anstiegs in Paris


Als Richard den letzten Anstieg als 19. hinter sich ließ, wusste er, dass die entscheidenden Kilometer nun vor ihm lagen. In der Endphase des Marathons, und besonders nach diesen anspruchsvollen Anstiegen, kämpften viele Athleten damit, ihre Pace zu halten. Doch Richard war bestens vorbereitet. Seine harte Arbeit beim Berg- und Hitzetraining zahlte sich nun aus und er hatte genug Reserven, um das Rennen dank einer außerordentlichen Leistung auf den letzten 7km stark zu beenden, wo er sieben Konkurrenten überholte, um als 12. die Ziellinie zu erreichen.


Die wichtigste Leistungsdaten entlang des gesamten Rennens


Richards Renndaten spiegeln einen durchdachten Plan wider, bei dem er seine Energie auf der anspruchsvollen Strecke klug einteilte. Seine sorgfältige Vorbereitung zahlte sich also definitiv aus. Besonders bei den Anstiegen zeigte sich die Wirkung seines intensiven Trainings: Richard konnte seine Pace konstant halten, ohne dass sich seine Herzfrequenz, die er immer mit seinem COROS Herfrequenz-Armband misst, stark erhöhte. Trotz der warmen Temperaturen gelang es ihm, die Anstrengung kontrolliert zu steuern, sodass seine Herzfrequenz während des gesamten Rennens im geplanten Bereich blieb. Diese präzise Kontrolle ermöglichte ihm ein starkes Finish, bei dem er auf den letzten Kilometern mehrere namhafte Konkurrenten überholte.

„Es ist immer ein großartiges Gefühl, einen Marathon zu beenden,“ sagte Richard. „In Paris war die Stimmung unglaublich. Die gesamte 42 Kilometer lange Strecke war voll mit Menschen. Besonders an den Anstiegen und gegen Ende des Rennens war das Publikum so laut, dass es einfacher war, die Schmerzen zu überwinden. Diese Unterstützung war eine enorme Motivation.“

Für Richard Ringer ging es auf dem Weg zu den Olympischen Spielen nicht nur darum, die Strecke zu meistern, sondern auch, seinen Körper optimal zu steuern. Sein Erfolg zeigt eindrucksvoll, was mit einer gezielten Strategie möglich ist.

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